Gott und Macht - absolutes No-Go

Text: Lukasevangelium 20, 41–44 - Übersetzung: Elberfelder Bibel

41 Er aber sprach zu ihnen: Wie sagen sie, dass der Christus Davids Sohn sei; 42 und David selbst sagt im Buch der Psalmen: 'Der Herr sprach zu meinem Herrn: Setze dich zu meiner Rechten, 43 bis ich deine Feinde zum Schemel deiner Füße lege'? 44 David also nennt ihn Herr. Und wie ist er sein Sohn?

Gottes Wort ist uns Orientierung

König David soll um 1000 v. Chr. gelebt haben und gilt als Verfasser zahlreicher Psalmen, der Davidpsalmen.

Aus der prophetischen Zusage das davidische Königreich werde ewig bestehen, entwickelte sich im alten Israel die Erwartung, dass der Messias ein Sohn Davids sein werde. 2. Buch Samuel 7, 16: 'Dein Königshaus und deine Königsherrschaft werden vor mir für immer Bestand haben; dein Thron wird für alle Zeiten feststehen.' (Übersetzung: Gute Nachricht Bibel). Mag sein, dass Jesus seiner Abstammung nach ein später Nachkomme Davids war. Um das geht es aber nur zweitrangig.

Bei uns gilt es als normal, dass sich Söhne vom Vater lösen, ihren Vater verlassen, sich von ihrem Vater unäbhängig machen und ihr eigenes Leben leben. Ganz anders im Morgenland. Für den Orientalen bedeutet 'Sohn sein' dem Vater in seinem Wesen, seiner Lebensführung, seinen Anschauungen und Überzeugungen ähnlich sein, in die Fußstapfen des Vaters treten, die Werke des Vaters übernehmen und fortführen.

Im Volk Israel bestand also in alten Zeiten der Glaube, der erhoffte Messias (= Christus) werde ein 'Sohn Davids' sein. Der Messias (= der Christus) werde den Spuren des großen König David folgen. Er werde stark und mächtig sein wie einst David, er werde Israel von der römischen Besatzungsmacht befreien und ein ähnlich ausgedehntes Reich Israel aufbauen wie David, ein Reich der Gerechtigkeit und des Friedens, der Macht und der Herrlichkeit. Und seine Herrschaft werde kein Ende nehmen.

Dem widerspricht Jesus im obigen Text mit einem Zitat aus einem Davidpsalm, in dem David den Messias nicht seinen Sohn, sondern seinen Herrn nennt. (Psalm 110). Kurzum: Der Messias werde kein Mächtiger im weltlichen Sinn sein und er werde kein weltliches Reich errichten.

Für Jesus ist Gott und Macht (im weltlichen Sinn) absolutes No-Go. Gott und Macht - das passt nicht zusammen, das geht gar nicht. Jesus hat die Auswirkungen des Machtdenkens, Machtstrebens, der Machtausübung und Machtgier durchschaut und für sich weltliche Macht ausgeschlossen. Jesus wollte kein zweiter König David sein.

Politiker, politische Parteien, Mächtige, Herrscher streben ständig nach mehr Macht und nach Ausweitung des Macht- und Herrschaftsbereiches. Da gibt es harte Konkurrenz- und erbitterte Machtkämpfe. In Machtsystemen gibt es immer Oben und Unten, Herren und Untertanen und Sklaven.

Anstatt sich zusammenzusetzen, einander aufmerksam zuzuhören, offene Fragen gemeinsam zu erörtern und miteinander nach einvernehmlichen Lösungen zu suchen, gehen Parlamentarier im verbalen Kampfmodus und Schlagabtausch aufeinander los, halten Lösungsvorschläge der anderen politischen Gruppen prinzipiell für falsch und dumm. Oft beschimpfen sie einander aufs gröblichste. In Wahlauseinandersetzungen hetzen Mächtige gerne gegeneinander bis zur Entstehung von Hass und Feindschaft. Und nach den Wahlen sollen sie versöhnt zusammenarbeiten. Wie soll das gehen?

In den schlimmsten Fällen führen Machtstreben, Streit um Macht und Einfluss und Machtgier zur Entstehung von Feindbildern. Dann ist der Weg geebnet und die Tür geöffnet für Gewalt und kriegerische Auseinandersetzungen, für gegenseitiges Töten und Vernichten.

In seiner Bergpredigt hat Jesus die Sanftmütigen, die keine Gewalt anwenden, glückselig und richtig vor Gott genannt.

Jesus hat niemals Macht nach weltlichen Mustern ausgeübt. Seine 'Macht' ist Menschlichkeit und Güte, Barmherzigkeit und Vergebung, Sanftmut und Gewaltfreiheit. Trotzdem ist er den religiösen und politischen Mächtigen und Herrschern gefährlich geworden, so gefährlich, dass sie ihn gewaltsam aus dem Weg geräumt haben. Der Messias musste leiden und sterben, weil seine Wege der Güte und Gewaltfreiheit die Wege der weltlichen Macht durchkreuzt haben.

Als er Jesus sterben sah, sagte der römische Hauptmann, der Jesu Hinrichtung im Namen des römischen Statthalters Pilatus und somit des römischen Kaisers befehligt hatte: 'Wahrhaftig, dieser Mensch war Gottes Sohn.' Er hat die Liebe des Messias, der sich hingab bis ins Sterben, verstanden.

Jesus ist nicht mächtiger Davidssohn, sondern machtloser Gottessohn.