Beten, das den Himmel öffnet
Text: Lukasevangelium 3, 15-22 - Übersetzung: Elberfelder Bibel
15 Als aber das Volk in Erwartung war und alle in ihren Herzen wegen Johannes überlegten, ob er nicht etwa der Christus sei, 16 antwortete Johannes allen und sprach: Ich zwar taufe euch mit Wasser; es kommt aber ein Stärkerer als ich, und ich bin nicht würdig, (ihm) den Riemen seiner Sandalen zu lösen; er wird euch mit Heiligem Geist und Feuer taufen. 17 Seine Worfschaufel ist in seiner Hand, seine Tenne zu reinigen und den Weizen in seine Scheune zu sammeln; die Spreu aber wird er verbrennen mit unauslöschlichem Feuer. 18 Indem er (es) nun auch mit vielem anderen ermahnte, verkündigte er dem Volk gute Botschaft. 19 Herodes aber, der Vierfürst, der von ihm zurechtgewiesen wurde wegen der Herodias, der Frau seines Bruders, und wegen alles Bösen, das Herodes getan hatte, 20 fügte allem auch dies hinzu, dass er Johannes ins Gefängnis einschloss. 21 Es geschah aber, als das ganze Volk getauft wurde und Jesus getauft war und betete, dass der Himmel geöffnet wurde 22 und der Heilige Geist in leiblicher Gestalt wie eine Taube auf ihn herabstieg und eine Stimme aus dem Himmel kam: Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen gefunden.
Worte des Lebens für uns
Jesus, das Evangelium erzählt uns, dass sich der Himmel geöffnet hat, während du gebetet hast. Wie hast du gebetet?
Jesus:
Mein Beten war selten ein Äußern von Worten und Bitten, und wenn, dann meist Danken. Wenig habe ich auch das Aussprechen von
Gebetsformeln gepflegt.
Zum Gebet zog ich mich zurück in die Stille und Einsamkeit. Für mehrere Stunden, oft für ganze Nächte. Beten,
so wie ich gebetet habe, hat Ruhe und Stille als Voraussetzung und braucht Zeit, Einüben und immer-wieder-Tun. Mein Beten bestand im völligen
Leerwerden von alltäglicher Geschäftigkeit, von Gedanken und Gefühlen, von dem, was gestern war und morgen vielleicht sein wird, im
Leerwerden von meinem Willen, von Bitten und Anliegen, Wünschen und Plänen und im Freiwerden von Gottesvorstellungen. Ich habe zur Erkenntnis
und Überzeugung gefunden, dass Gott der ganz Andere ist, und dass unsere Bilder von ihm an der Wirklichkeit immer vorbeigehen. Das Leerwerden
führte mich zum Einssein mit dem Urgrund, den ich meinen Abba oder auch meinen inwendigen Lehrer genannt habe. In diesem Leersein habe ich IHN
erfahren und SEINE Botschaft an mich "vernommen". Das war kein Hören im eigentlichen Sinn, sondern ein inneres Erfahren. Dem Urgrund, der
Gott und mit einem anderen Wort Himmel genannt wird, begegnete ich nicht im Außen, sondern in mir selbst.
Jesus, können auch wir so beten lernen, wie du gebetet hast?
Ja, jeder Mensch kann sich das Leerwerden und das Einssein mit dem göttlichen Urgrund, von dem ich spreche, durch Üben aneignen. Das nimmt Zeit in Anspruch, geht nicht von heute auf morgen, aber lässt sich von jedem Menschen erlernen. Es ist von Vorteil, dabei jemanden zu Hilfe zu nehmen und sich anleiten zu lassen, der diese Fähigkeiten schon erworben hat.
Jesus, das Evangelium berichtet uns, dass du im Einssein mit Gott, zu dem dich dein Beten hingeführt hat, die Gewissheit erfahren hast, Gottes geliebter Sohn zu sein. Was können wir unter der Bezeichnung "geliebter Sohn" verstehen?
Jesus:
"Geliebter Sohn" bedeutet, dass ich eine einmalige und einzigartige Manifestation Gottes bin. In mir und durch mich hat Gott auf einmalige und einzigartige Weise sichtbare Gestalt angenommen. In mir und durch mich hat sich Gott einmalig und einzigartig gezeigt und offenbart. Dasselbe besagen meine Worte: "Ich und mein Abba sind eins. Wer mich sieht, sieht meinen Abba." Und: "Mein Abba und ich sind eins. ER ist in mir, und ich bin in IHM."
Jesus, trifft die Bezeichnung "geliebter Sohn" auch auf uns Menschen zu. Sind auch wir Gottes geliebte Töchter und Söhne?
Jesus:
Ja, nicht nur auf jeden Menschen, sondern ebenso auf jedes Geschöpf, jedes Wesen, genauso auf das Universum, auf den Makro- und Mikrokosmos,
auf alles, was ist. Alles ist einmalige und einzigartige Manifestation Gottes. In allem offenbart und zeigt sich Gott auf ganz einmalige und einzigartige
Weise.
Das ist zugleich auch die Antwort auf die grundlegenden Fragen, die jeden Menschen beschäftigen und betreffen: Woher kommen wir und wohin gehen wir, warum
sind wir und was ist der Sinn unseres Daseins: Alles ist Manifestation, Deutlich- und Sichtbarwerden, Ausdruck und Offenbarung, Bekundung und Darstellung Gottes -
einmalig und einzigartig.