Geistliche Würdenträger sprechen

Text: Lukasevangelium 20, 45–47 - Übersetzung: Elberfelder Bibel

45 Während aber das ganze Volk zuhörte, sprach er zu seinen Jüngern: 46 Hütet euch vor den Schriftgelehrten, die in langen Gewändern einhergehen wollen und die Begrüßungen auf den Märkten lieben und die ersten Sitze in den Synagogen und die ersten Plätze bei den Gastmählern; 47 die die Häuser der Witwen verschlingen und zum Schein lange Gebete halten! Diese werden ein schwereres Gericht empfangen.

Geistliche Würdenträger sprechen

Vor ein paar Wochen hatten wir - eine kleine Gruppe von Tempelpriestern, Experten der Heiligen Schriften und Führern unserer Religion - den weiten Weg von Jerusalem zum See Genesareth in Galiläa auf uns genommen. Selbst wollten wir uns ein Bild machen von Jesu Gottesverkündigung. Denn es war uns schon seit langem zu Ohren gekommen, dass sich Jesus nicht an unsere heiligen Gesetze und heiligen Traditionen hält, den Menschen erzählt, dass Gott keine Opfer will und braucht, und Gotteslästerung begeht, indem er Sünden vergibt und sich damit an Gottes Stelle setzt.

Oft schon hatten wir Leute ausgeschickt, um Jesus zu beobachten und zu bespitzeln. Jesus untergräbt die Autorität Gottes und macht unseren Status, unser hohes Ansehen und unsere Autorität zunichte, erzählten sie uns jedesmal.

Wie gesagt, vor einiger Zeit mischten wir uns unauffällig unter Jesu Zuhörer. Unter ihnen waren viele Leute mit verschiedenen Defiziten, Bettler, Blinde, Gelähmte, die zu Jesus geschleppt wurden. Auch viele Leute mit schlechtem Ruf wie Säufer, Zolleinheber, Prostituierte waren unter ihnen, mit einem Wort sündhafter Abschaum der Gesellschaft. Sie drängten sich nah an Jesus und mit Glanz in den Augen lauschten sie, um - wie es aussah - kein Wort zu überhören. Wenn dieser Jesus wirklich ein Gottesmann wäre, dachten wir, würde er sich gewiss nicht mit solchen Typen abgeben.

Jesus sprach darüber, dass Gott alle Menschen ohne Ausnahme von Anfang an mit ewigem Wert und unverlierbarer Würde ausstatte und dass sich deshalb niemand über andere erheben müsse. Gott mache keine Unterschiede. Bei ihm gebe es keine Oberen und Herausgehobenen, keine Privilegierten, keine Bevorzugten und Benachteiligten, keine Herren und Untertanen. Gott schenke seine Güte und Menschenfreundlichkeit, seine Barmherzigkeit und Vergebung allen in gleichem Maße, dem Ersten nicht mehr als dem Letzten.

Als ob er gewusst hätte, dass wir uns in der Menschenmenge befinden, sagte Jesus: 'Die Tempelpriester in Jerusalem, die Rabbinen in unserem Volk und die Obrigkeiten unserer Religion lassen sich gern geistliche Würdenträger nennen. Sie nehmen es gerne an und genießen es, wenn ihnen bei Festen und Veranstaltungen die Ehrenplätze in der ersten Reihe Mitte angeboten werden und sie als Erste begrüßt werden. Stolz treten sie in ihren langen Gewändern in der Öffentlichkeit auf, um gesehen zu werden. Das lieben sie. Sie geben sich superreligiös und fromm - aber es ist vieles Maske, Heuchelei, Show und Schein. In Wahrheit sind Menschen, die sich hervortun und über andere erheben, ichschwache Personen.

Macht es ihnen nicht nach, denn Gott können wir nichts vormachen, er sieht in unsere Herzen. Und außerdem mag er jeden so, wie er wirklich ist. Gott hat weder Liebkinder noch Stiefkinder. Und auch keine Würdenträger.'

Nachdem Jesus seine Rede beendet hatte, gingen wir weg. Unsere Wut auf ihn wuchs und unser Entschluss ihn aus dem Weg zu räumen ebenso. Wir lassen uns seine Äußerungen gegen uns nicht länger gefallen. Jesus muss weg.