Jemand aus dem begeisterten Volk erzählt

Text: Lukasevangelium 21, 37–38 - Übersetzung: Elberfelder Bibel

37 Er lehrte aber des Tages in dem Tempel, und des Nachts ging er hinaus und übernachtete auf dem Berg, der Ölberg genannt wird. 38 Und das ganze Volk kam frühmorgens im Tempel zu ihm, ihn zu hören.

Jemand aus dem begeisterten Volk erzählt

Garten Gethsemane
Garten Gethsemane am Fuß des Ölbergs

Bekannte hatten uns aufmerksam gemacht auf einen unvergesslichen Tag mit Jesus im Tempel von Jerusalem. Wir - meine Frau und ich - beschlossen, einmal einen Tag mit Jesus zu erleben.

Wir hatten einen weiten Weg vor uns. Noch in der Dunkelheit machten wir uns auf. Als wir ankamen, war schon eine unüberschaubare Menschenmenge im Tempel. Alle Alterstufen waren vertreten, auch Kranke und an allen möglichen seelischen und körperlichen Gebrechen Leidende. Mit der anbrechenden Morgenröte kam Jesus in den Tempel. Jede Nacht verbrachte er, wie uns gesagt wurde, im Garten Gethsemane am Fuß des Ölbergs.

Leute, die schon mehrmals an Tagen mit Jesus im Tempel waren, berichteten uns, dass jedesmal, wenn Jesus ankam, helle Freude durch die Menge ging, wie wenn ein Sturm daherfährt. Jesus ging gleich auf die Menschen zu, auf die Kinder, er lachte sie an, streichelte und herzte sie. Viele Menschen streckten Jesus ihre Hände entgegen, um ihn zu berühren.

Von Jesus ging eine unbeschreibliche Herzlichkeit und Menschenfreundlichkeit aus. Er sprach mit den Leuten, setzte sich zu ihnen und fragte, wie es ihnen geht, hörte einfühlsam zu, schenkte seine wohltuende Nähe. Das konnten auch wir erfahren, als er sich zu unserer Runde setzte. Den ganzen Tag blieb er im Tempel. Da war kein Zeitdruck.

Kinder waren fröhlich und spielten miteinander, junge Leute und Erwachsene sangen und tanzten. Mehrmals war Jesus mitten unter ihnen und machte mit. Zwischendurch setzten wir uns in kleine Gruppen zusammen, packten unsere Jause aus, teilten miteinander und aßen gemeinsam.

Besonderen Eindruck machte auf uns, als Jesus zu uns allen von Gott sprach. Da wurde es still. Die Aufmerksamkeit war groß. Kein Wort wollten wir überhören. Nie verwendete Jesus unverständliche Begriffe, er sprach nicht akademisch und wissenschaftlich, sondern erzählte uns Geschichten in Bildern von Gott, die wir alle gut verstehen konnten. Seine Worte hatten Gewicht, waren lebensnah, waren voller Gefühle und trafen uns mitten ins Herz.

Jesu Freude an Gott und seine Begeisterung war von seinem Gesicht, seinen Gesten und seinen Bewegungen abzulesen und klangen aus jedem Wort. Drohungen, Angst machen, Einschüchterung, Anklage, Schuldspüche, Gewalt mit Worten kamen nicht über seine Lippen, sondern nur Einfühlen, Verstehen, Güte, Freundlichkeit, Schalom, Trost, Zuversicht, Gottvertrauen. Gott nennt er seinen Abba, seinen lieben Vati, und spricht von ihm als mütterlich und väterlich ewig Liebenden, grenzenlos Barmherzigen, bedingungslos Vergebenden, Gückseligkeit Schenkenden, dem wir voll vertrauen, bei dem wir uns in all unseren Ängsten und Nöten bergen können.

Erst als die Abenddämmerung einbrach, traten wir den Heimweg an. Diese Begegnung mit Jesus war ein großes Fest und wir lernten so Vieles von ihm. Gleich noch an diesem Tag entschieden wir, bald wieder in den Tempel zu kommen, um Zeit mit Jesus und vielen anderen Menschen zu verbringen. Denn dieser Mensch hat was zu sagen. Und in seiner Nähe zu sein ist unbeschreiblich schön.