Jesus, du bist mein Trost, mein Licht, du bist meine Zuversicht
Text: Lukasevangelium 2, 21–40 - Einheitsübersetzung neu
21 Als acht Tage vorüber waren und das Kind beschnitten werden sollte, gab man ihm den Namen Jesus, den der Engel genannt hatte, bevor das Kind im Mutterleib empfangen war.22 Als sich für sie die Tage der vom Gesetz des Mose vorgeschriebenen Reinigung erfüllt hatten, brachten sie das Kind nach Jerusalem hinauf, um es dem Herrn darzustellen, 23 wie im Gesetz des Herrn geschrieben ist: Jede männliche Erstgeburt soll dem Herrn heilig genannt werden. 24 Auch wollten sie ihr Opfer darb ringen, wie es das Gesetz des Herrn vorschreibt: ein Paar Turteltauben oder zwei junge Tauben. 25 Und siehe, in Jerusalem lebte ein Mann namens Simeon. Dieser Mann war gerecht und fromm und wartete auf den Trost Israels und der Heilige Geist ruhte auf ihm. 26 Vom Heiligen Geist war ihm offenbart worden, er werde den Tod nicht schauen, ehe er den Christus des Herrn gesehen habe. 27 Er wurde vom Geist in den Tempel geführt; und als die Eltern das Kind Jesus hereinbrachten, um mit ihm zu tun, was nach dem Gesetz üblich war, 28 nahm Simeon das Kind in seine Arme und pries Gott mit den Worten: 29 Nun lässt du, Herr, deinen Knecht, wie du gesagt hast, in Frieden scheiden. 30 Denn meine Augen haben das Heil gesehen, 31 das du vor allen Väölkern bereitet hast, 32 ein Licht, das die Heiden erleuchtet, und Herrlichkeit für dein Volk Israel. 33 Sein Vater und seine Mutter staunten über die Worte, die über Jesus gesagt wurden. 34 Und Simeon segnete sie und sagte zu Maria, der Mutter Jesu: Siehe, dieser ist dazu bestimmt, dass in Israel viele zu Fall kommen und aufgerichtet werden, und er wird ein Zeichen sein, dem widersprochen wird, - 35 und deine Seele wird ein Schwert durchdringen. So sollen die Gedanken vieler Herzen offenbar werden. 36 Damals lebte auch Hanna, eine Prophetin, eine Tochter Penuëls, aus dem Stamm Ascher. Sie war schon hochbetagt. Als junges Mädchen hatte sie geheiratet und sieben Jahre mit ihrem Mann gelebt; 37 nun war sie eine Witwe von vierundachtzig Jahren. Sie hielt sich ständig im Tempel auf und diente Gott Tag und Nacht mit Fasten und Beten. 38 Zu derselben Stunde trat sie hinzu, pries Gott und sprach über das Kind zu allen, die auf die Erlösung Jerusalems warteten. 39 Als seine Eltern alles getan hatten, was das Gesetz des Herrn vorschreibt, kehrten sie nach Galiläa in ihre Stadt Nazaret zurück. 40 Das Kind wuchs heran und wurde stark, erfüllt mit Weisheit und Gottes Gnade ruhte auf ihm.
Texterläuterung
Übersetzung: Elberfelder Bibel
21 Und als acht Tage vollendet waren, dass man ihn beschneiden sollte, da wurde sein Name Jesus genannt, der von dem Engel genannt worden war, ehe er im Mutterleib empfangen wurde.
So wie alle männlichen Babys bis heute wurde auch Jesus, wie es das Gesetz des Moses verlangt, durch den "Bund der Beschneidung" aufgenommen in die jüdische Gemeinde und damit trug er das unverlierbare Zeichen an sich, zu Gott und zum Volk Israel zu gehören. Jesus war zeitlebens Jude.
In der Beschneidung sehe ich Verletzung von und Übergriff auf Menschen im Namen der Religion und Missachtung der Selbstbestimmung. Sie wird an einem kleinen Kind verübt, das sich dazu weder entscheiden noch sich dagegen wehren kann. Die Beschneidung halte ich für eine archaische religiöse Praxis, die Gott nie verlangt hat.
Ursprünglich dürfte die Beschneidung nicht aus religiösen, sondern aus hygienischen Gründen durchgeführt worden sein. In heißen Ländern sind die Wasservorräte knapp, und es muss Wasser auch bei der Körperwäsche gespart werden. Irgendwann wurde die hygienische Maßnahme 'Beschneidung' religiös untermauert und zu einem göttlichen Gesetz.
Mit der Beschneidung war die Namensgebung verbunden. Seine Eltern nennen ihren Sohn Jesus (Jeschu, Jeschua, Jehoschua). Der Name "Jesus" bedeutet "Jahwe rettet", "Jahwe heilt". Sein Name sagt es: Jesus ist von Gott berufen, zu heilen und zu retten, und die Menschen zu lehren und anzuleiten, dieses ihm gleichzutun.
22 Und als die Tage ihrer Reinigung nach dem Gesetz Moses vollendet waren, brachten sie ihn nach Jerusalem hinauf, um ihn dem Herrn darzustellen, 23 - wie im Gesetz des Herrn geschrieben steht: "Alle männliche Erstgeburt soll dem Herrn heilig heißen" - 24 und ein Schlachtopfer zu geben nach dem, was im Gesetz des Herrn gesagt ist: ein Paar Turteltauben oder zwei junge Tauben.
In Erinnerung an die Pascha-Nacht in Ägypten wurde der erstgeborene Sohn als Eigentum Gottes angesehen (2. Buch Mose 13, 2.15) und ihm im Tempel übergeben ("dargestellt"), wo er durch ein Geldopfer (4. Buch Mose 18, 16) auszulösen war. Der Verfasser des Lukas-Evangeliums erzählt von dieser Erstgeburtsweihe, nicht aber von der Auslösung, die im traditionellen Judentum immer noch praktiziert wird.
Daraus lerne ich: Mich selbst, meine Eltern, Geschwister, Partner, Kinder, Freunde, nahestehende Personen, mein Leben und alles, woran mein Herz hängt, loszulassen, Gott zu übergeben, und in neuer Weise von ihm entgegenzunehmen, macht mir bewusst, dass niemand und nichts mir gehört, sondern einzig Gottes Eigentum ist. Alle und alles ist mir vom Eigentümer anvertraut und geliehen, um alle und alles, die und das ich "mein" nenne, zu lieben und liebevoll mit allen und allem umzugehen.
Die Reinheitsgebote im religiösen Judentum haben nichts mit hygienischer Sauberkeit zu tun, sondern sind kultisch zu verstehen. Rein und unrein beziehen sich auf bestimmte Dinge, Handlungen oder Zustände. Dass Menschen am Kult, also am Gottesdienst in der Synagoge oder im Tempel teilnehmen dürfen, hat ihre "Reinheit", die im Gesetzpeinlich genau definiert ist, zur Voraussetzung.
Von Jesus wissen wir, dass die Unterteilung in rein und unrein, Reine und Unreine, Reines und Unreines und auch alle Reinheitsvorschriften nicht von Gott stammen, sondern von Menschen erfunden wurden.
Ebenso sagt uns Jesus, dass Gott keine Opfer von uns braucht und will. Er zitiert den alttestamentlichen Propheten Hosea, der Gott sinngemäß sagen lässt: Lust an der Liebe habe ich, nicht an Opfern, Freude habe ich, dass Menschen tun, was in meinen Augen recht und richtig ist, und nicht an Brandopfern. (Hosea 6, 6).
Der Opferkult ist von Menschen hervorgebracht als Mittel, um Gott zu versöhnen und sich von Unreinheit freizukaufen.
Mit dem Opferkult wurde lukrativer Handel betrieben und wurden einträgliche Geschäfte gemacht. Die Opfertiere (Ochsen, Schafe, Tauben) für den Tempelkult mussten gemäß dem religiösen Gesetz makellos sein. Den Pilgern wurden im Eingangsbereich des Tempels kultisch reine Tiere zum Kauf angeboten. Geldwechsler tauschten die gebräuchlichen Umlaufmünzen in Doppeldrachmen um, die als alleinige Tempelwährung galten. Sie benötigte man für die Entrichtung der Tempelsteuer und für den Kauf von Opfertieren.
Außerdem diente das Fleisch der Opfertiere, von dem nur Teile auf dem Altar verbrannt wurden, den Tempelpriestern und ihren Familien als Köstlichkeit, für die sie nicht bezahlen mussten.
25 Und siehe, es war in Jerusalem ein Mensch, mit Namen Simeon; und dieser Mensch war gerecht und gottesfürchtig und wartete auf den Trost Israels; und der Heilige Geist war auf ihm. 26 Und ihm war von dem Heiligen Geist eine göttliche Zusage zuteilgeworden, dass er den Tod nicht sehen werde, ehe er den Christus des Herrn gesehen habe. 27 Und er kam durch den Geist in den Tempel. Und als die Eltern das Kind Jesus hereinbrachten, um mit ihm nach der Gewohnheit des Gesetzes zu tun, 28 da nahm auch er es in seine Arme und lobte Gott und sprach: 29 Nun, Herr, entlässt du deinen Knecht nach deinem Wort in Frieden; 30 denn meine Augen haben dein Heil gesehen, 31 das du bereitet hast im Angesicht aller Völker: 32 ein Licht zur Offenbarung für die Nationen und zur Herrlichkeit deines Volkes Israel. 33 Und sein Vater und seine Mutter wunderten sich über das, was über ihn geredet wurde. 34 Und Simeon segnete sie und sprach zu Maria, seiner Mutter: Siehe, dieser ist gesetzt zum Fall und Aufstehen vieler in Israel und zu einem Zeichen, dem widersprochen wird 35 - aber auch deine eigene Seele wird ein Schwert durchdringen -, damit Überlegungen aus vielen Herzen offenbar werden.
Was auf Jesus später zukommen wird, lässt der Verfasser des Evangeliums Simeon voraussagen. An Jesus scheiden sich die Geister. Bis heute. Er ist das Zeichen Gottes, das Zustimmung erfährt, ebenso Widerspruch und Ablehnung. Bis heute.
36 Und es war eine Prophetin Hanna, eine Tochter Phanuëls, aus dem Stamm Asser. Diese war in ihren Tagen weit vorgerückt; sie hatte sieben Jahre mit ihrem Mann gelebt von ihrer Jungfrauschaft an; 37 und sie war eine Witwe von vierundachtzig Jahren, die wich nicht vom Tempel und diente (Gott) Nacht und Tag mit Fasten und Flehen.
So war damal die religiöse Überzeugung, Gott müsse man dienen mit ständigem Fasten und Beten. Davon überzeugt sind Menschen bis heute. Meine Überzeugung habe ich von Jesus. Er sagt: Lieben im Sinne von Dasein für andere ist Gottesdienst.
38 Und sie trat zur selben Stunde herbei, lobte Gott und redete von ihm zu allen, die auf die Erlösung Jerusalems warteten.
Die Begegnungen der beiden Hochbetagten Simeon und Hanna mit dem Kind Jesus berühren mich. Sehnsuchtsvoll haben sie darauf gehofft, zu ihren Lebzeiten den "Trost Israels" (ein wunderschöner Name für den Heiland der Welt) zu sehen. Sie sind glückselig, dass ihre Hoffnung in Erfüllung gegangen ist. Dafür loben und preisen sie Gott und danken ihm.
Jesus, du bist mein Trost, mein Licht. Jesus, du bist meine Zuversicht.
39 Und als sie alles vollendet hatten nach dem Gesetz des Herrn, kehrten sie nach Galiläa zurück in ihre Stadt Nazareth. 40 Das Kind aber wuchs und erstarkte, erfüllt mit Weisheit, und Gottes Gnade war auf ihm.
Mit diesem einen Satz wird das Aufwachsen Jesu beschrieben. Erst als er zwölf Jahre alt ist, wird in diesem Evangelium eine weitere Begebenheit von ihm erzählt.
Jesus ist von Anfang an erfüllt mit Gottes Weisheit und Liebe. Damit von Gott ausgestattet zu sein, darauf darf jedes Menschenkind vertrauen.
Gottes Wort ist für uns Freudenbotschaft
Der Verfasser dieses Evangeliums legt Simeon verschiedene Namen für Jesus in den Mund. Er nennt Jesus „Trost Israels” und „Heil, das Gott für alle Menschen bereitet”.
Jesus ist nicht nur Trost des Volkes Israel, sondern Trost der ganzen Welt für alle Zeiten.
Was ist Trost und wie spendet uns Jesus Trost?
Trost ist ein anderes Wort für innere Festigkeit und innere Stärke, für Aufrichtung und Zuspruch, für Hoffnung und Aussicht, für Licht am Ende des Tunnels und Silberstreifen am Horizont. Jemanden trösten heißt in erster Linie ihm Halt geben.
Wir schauen auf Jesus von Nazareth, wie er in seinem Erdenleben Menschen Trost gegeben hat. Da begegnet uns in den Evangelien das Wort, das in griechischer Sprache „esplanchnísthe” heißt. Es wird irrtümlich oft mit „er hatte Mitleid” übersetzt. Mitleid hilft niemandem und bringt rein gar nichts. Esplanchnisthe bedeutet: er blieb nicht unbeteiligt, er versetzte sich ganz bewusst in die Lage von Menschen und fühlte sich tief ein, was in Menschen vorging, er spürte dem nach, was Menschen fühlten und dachten, er ließ sich ihr Leid, ihre Schmerzen, ihr Kreuz unter die Haut gehen und nahm die Menschen in sein Herz, er hatte Einfühlungskraft und Feingefühl für das Befinden von Menschen.
Jesus ging an der Not der Menschen nicht vorbei mit Schulterklopfen und beschwichtigenden Phrasen wie „Kopf hoch, das wird schon wieder” oder ”bald geht es dir wieder besser, denk an was anderes” oder „lass dich nicht unterkriegen, das schaffst du schon” oder „mir ist das auch schon passiert und es ging wieder vorüber”. Solche Redensarten verstärken bei einem bedrückten Menschen das Gefühl, nicht ernstgenommen zu werden und allein und unverstanden zu sein. Eine ganz unpassende Floskel sind die Worte „ich kann verstehen, wie du dich fühlst”.
Jesus ging traurigen und leidenden Menschen nicht aus dem Weg, sondern auf sie zu und auf sie ein. Sein Trost bestand häufig darin, einfach bei jemandem zu sein, ohne viele Worte zu verlieren. Oft genügt die bloße Anwesenheit. Es bedarf keiner großen Worte.
Jesus schenkte Zeit und Nähe und ließ Menschen sich Sorgen und Enttäuschungen, Verluste, Leid und Schmerzen von der Seele reden, ohne sie mit guten Ratschlägen und Lösungen zu überhäufen. Er gestand Menschen ihre Gefühle zu und hielt es aus, wenn sie Gefühle herausließen: Angst, Verbitterung, Zorn, Wut und Trauer. Er ließ sie weinen und trauern. Er versuchte nicht, ihre Gefühle durch Ablenkung zu unterdrücken. In der Stille liegt die Kraft. Jesus schenkte sein offenes Ohr und sein offenes Herz und fühlte sich ein. Er nahm Menschen an der Hand und in seine Arme.
Wie Jesus als der Mensch aus Nazareth getröstet hat, so tröstet er auch in seiner Vollendung zu jeder Zeit. Auch heute. Seine Worte „ich bin bei euch alle Tage” sagt er auch heute zu uns persönlich. Wir müssen sie uns nur bewusst machen und auf sie vertrauen. Wie damals hört er uns auch heute einfühlsam zu und nimmt unsere Gefühle, Sorgen und Ängste, Traurigkeit und Leid ernst. Wir können ihm alles sagen, was unser Herz bewegt. Wie damals hält er auch unsere Hand und nimmt uns in seine Arme.
Jesus ist für uns auch Lehrer des Tröstens.