Neu denken

Text: Markusevangelium 1, 14-20 - Einheitsübersetzung neu

14 Nachdem Johannes ausgeliefert worden war, ging Jesus nach Galiläa; er verkündete das Evangelium Gottes 15 und sprach: Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um und glaubt an das Evangelium! 16 Als Jesus am See von Galiläa entlangging, sah er Simon und Andreas, den Bruder des Simon, die auf dem See ihre Netze auswarfen; sie waren nämlich Fischer. 17 Da sagte er zu ihnen: Kommt her, mir nach! Ich werde euch zu Menschenfischern machen. 18 Und sogleich ließen sie ihre Netze liegen und folgten ihm nach. 19 Als er ein Stück weiterging, sah er Jakobus, den Sohn des Zebedäus, und seinen Bruder Johannes; sie waren im Boot und richteten ihre Netze her. 20 Sogleich rief er sie und sie ließen ihren Vater Zebedäus mit seinen Tagelöhnern im Boot zurück und folgten Jesus nach.

Worte des Lebens für uns

Das griechische Wort, das hier mit „kehrt um” übersetzt ist, heißt „metano-é-ite". Es hat die ursprüngliche Bedeutung „kehrt um in eurem Denken”, „ändert euer Denken”, „denkt grundlegend neu”, „denkt anders als bisher”. Dabei geht es darum, die anerzogenen, angelernten und gewohnten Denkmuster, Denkschablonen und Handlungsprinzipien zu verlassen und an der Seite Jesu, ein ganz neues Denken zu lernen, sein Denken. Sein Denken ist dem üblichen Denken in dieser Welt entgegengesetzt.

Unter dem Begriff „Reich Gottes” verstehen wir unter anderem das Denken Jesu. Jesus ist unser Lehrer, unser innerer Lehrer des Reiches Gottes, der innere Lehrer des neuen Denkens.

Hinter Jesus hergehen, ihm folgen bedeutet für uns, uns von bisherigen Lehrern und Lehren abzuwenden und von Jesus, mit ihm und durch ihn das Reich Gottes zu lernen, sein Denken und Handeln.

Die Welt denkt dualistisch, das heißt in Gegensätzlichkeit. Besonders wir Menschen in der westlichen Welt denken so. In der festen Überzeugung, dass wir wissen, was richtig und falsch, gut und böse ist, werten, urteilen und richten wir ständig.

Das dualistische Denken hat schwerwiegende, nachhaltige negative Auswirkungen persönlich auf den einzelnen Menschen und ebenso auf das Miteinander der Menschen und Gruppen in der kleinen und großen Welt.

Die negativen Folgen des dualistischen Denkens beginnen damit, dass Menschen von klein auf eingeflößt und angelernt wird, es gäbe Anteile in ihnen, die schlecht und böse sind. Diese sogenannten schlechten und bösen Seiten gelte es zu bekämpfen, auszumerzen und abzuspalten. Die Folge ist ein zwiespältiger, in sich gespaltener Mensch, ein Mensch, der mit sich uneins ist, ein Mensch, der in sich getrennt und mit sich unversöhnt ist, der sich selber Feind ist, der mit sich in Streit liegt und gegen sich selbst Krieg führt. Ein innerlich gespaltener, mit sich selber in Entzweiung und Unfrieden lebender Mensch kann auch nach außen nicht Einheit, Frieden und Harmonie leben, weil er sein Innen immerzu nach außen spiegelt und auf seine Außenwelt und Umwelt überträgt.

In der dualistisch denkenden Welt werden Gegensätze aufgebaut. Eigene Standpunkte, Überzeugungen und Verhaltensweisenn werden als richtig, andere Standpunkte, Überzeugungen und Verhaltensweisen werden als Irrtum betrachtet. Eines der Lieblingsspiele der dualistisch denkenden Welt heißt „meines ist besser als deines”. Die dualistisch denkende Welt sucht immer Schuldige und stempelt Menschen zu Dummen, Irrenden, Schlechten und Bösen. Die Folgen sind Streit, Konflikt, Feindschaft, Hass, Gewalt und Krieg.

Jesus ist das dualistische Denken völlig fremd. Er sieht jeden Menschen und jedes Lebewesen als gutes, wunderbares Geschöpf seines Abba-Gottes. Er sagt uns, dass wir von seinem Abba-Gott mit allem, was zu uns gehört und was uns ausmacht, voraussetzungs- und bedingungslos begnadet und angenommen sind, und dass wir uns deshalb selber ganz und gar annehmen dürfen, wie wir sind. Wer sich selber annehmen kann, mit sich ganz eins, versöhnt und in Frieden ist, kann auch nach außen Eins sein, Versöhnung, Frieden und Harmonie leben. Dieses Leben nennt Jesus Reich Gottes.

Der deutsche Schriftsteller Christian Morgenstern macht uns Mut: „Wir brauchen nicht so fortzuleben, wie wir gestern gelebt haben. Macht euch nur von dieser Anschauung los, und tausend Möglichkeiten laden uns zu neuem Leben ein.”