Neuen Wein in neue Schläuche
Text: Matthäusevangelium 9, 14–17 - Übersetzung: Hoffnung für alle
14 An einem anderen Tag kamen die Jünger des Johannes zu Jesus und erkundigten sich: 'Wir und auch die Pharisäer fasten regelmäßig. Warum tun deine Jünger das eigentlich nicht?' 15 Jesus fragte: 'Sollen die Hochzeitsgäste denn traurig sein und fasten, solange der Bräutigam noch bei ihnen ist? Die Zeit kommt früh genug, dass der Bräutigam ihnen genommen wird. Dann werden sie fasten. 16 Niemand flickt ein altes Kleid mit einem neuen Stück Stoff. Der alte Stoff würde an der Flickstelle doch wieder reißen, und das Loch würde nur noch größer. 17 Ebenso füllt niemand jungen, gärenden Wein in alte, brüchige Schläuche. Sonst platzen sie. Dann läuft der Wein aus, und die Schläuche sind unbrauchbar. Nein, jungen Wein füllt man in neue Schläuche! Nur so bleibt beides erhalten.''
Gottes Wort ist unseres Fußes Leuchte und Licht auf unseren Pfaden
Eine ältere Frau erzählte uns: 'Ungern denke ich an die strengen Fastengebote in meiner Kindheit und Jugendzeit. Gott verlangt unsere Fastenopfer, wurde uns von klein auf gesagt. Essen ist mit Lust verbunden. Und Lust stand immer schon unter Verdacht. Das Essen von Fleisch an Freitagen galt als schwer sündhaft. Ebenso große Schuld lud auf sich, wer am Karfreitag aß wie an anderen Tagen. Wer das tat, war am Ostersonntag und -montag ausgeschlossen von der Kommunion. Wer die Fastengebote nicht einhielt, musste nach dem Sterben mit der Höllenstrafe rechnen. So wurde es uns gesagt und angedroht, als wir noch Kinder waren. Lange glaubte ich das. Nicht aus Überzeugung, sondern aus lauter Angst befolgte ich die Fastengebote. Als ich erwachsen wurde, hörte ich in mein Herz und erkannte, die Fastengebote sind reine Machtfrage. Man will uns damit klein halten. Da endete mein Gehorsam.'
In den Tagen Jesu war das Fasten ein wichtiger Teil der jüdischen Religion. An den Fastentagen durfte man den ganzen Tag bis zum Einbruch der Dunkelheit nicht trinken (auch in der Hitze der Sonne nicht) und absolut nichts essen. Das war zu ertragen. Denn Gott will es so. Wer sich nicht daran hielt, machte sich zum Feind der Frommen und zog Gottes Zorn und Strafe auf sich.
Jesus setzte sich über das Fasten hinweg. Ebenso seine Schüler:innen. Das wurde von der religiösen Obrigkeit als Provokation berachtet. Die religiösen Gesetzeshüter und frommen Asketen ließen nicht lange auf sich warten und stellten ihn zur Rede. Jesus erwiderte mit einem bildhaften Vergleich: Die Hochzeitsgäste werden mit dem Brautpaar feiern, essen und trinken, singen und tanzen und fröhlich sein, solange die Hochzeit dauert. Wenn ihnen der Bräutigam - damit meinte Jesus sich selbst - genommen wird (bei seiner Kreuzigung), werden seine Schüler:innen traurig sein und fasten, weil ihnen der Appetit vergeht.
'Barmherzigkeit will ich, nicht Opfer, sagt Gott.' Dieses alttestamentliche Prophetenwort war für Jesus entscheidend. Opfer kleingeschrieben! Güte, Menschlichkeit, Barmherzigkeit, Vergebung, Empathie, Sanftmut, Gewaltfreiheit; Schalom großgeschrieben! Es gibt keinen Mix zwischen Opfer und Barmherzigkeit. Das verdeutlichte Jesus mit den Bildern vom neuen Flicken auf altes Gewand und vom jungen, gärenden Wein in alte Schläuche.
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Verschiedene Schläuche. Ein Weinschlauch ist ein alter Behälter aus Tierhaut, normalerweise von Ziegen oder Schafen, der zur Lagerung oder zum Transport von Wein verwendet wird.
'Jungen Wein füllt man in neue Schläuche', sagt Jesus, 'die Zeit der Gesetzes- und Opferreligion ist vorbei - das sind die alten Schläuche, die Zeit der Güte und Menschlichkeit ist mit mir angebrochen - das sind die neuen Schläuche. Meine Gottesverkündigung ist der junge Wein.'