Petrus erzählt

Text: Matthäusevangelium 16, 17–20 - Übersetzung: Elberfelder Bibel

17 Und Jesus antwortete und sprach zu ihm (= Petrus): Glückselig bist du, Simon, Bar Jona (= Sohn des Jona); denn Fleisch und Blut haben es dir nicht offenbart, sondern mein Vater, der in den Himmeln ist. 18 Aber auch ich sage dir: Du bist Petrus (=Fels oder Stein), und auf diesem Felsen werde ich meine Gemeinde (Versammlung) bauen, und des Hades (= des Totenreiches) Pforten werden sie nicht überwältigen. 19 Ich werde dir die Schlüssel des Reiches der Himmel geben; und was immer du auf der Erde binden wirst, wird in den Himmeln gebunden sein, und was immer du auf der Erde lösen wirst, wird in den Himmeln gelöst sein. 20 Dann gebot er den Jüngern, dass sie niemand sagten, dass er der Christus sei.

Petrus erzählt

Gemeinsam mit meinen Fischerkollegen war ich die ganze Nacht draußen auf dem See Genesareth. Wir haben keinen einzigen Fisch gefangen. Wir betreiben Fischereien. Am Morgen saßen wir frustriert in unseren Booten am Ufer. Eine Menschenmenge hatte sich bereits am Ufer eingefunden, um Jesu begeisternde Gottesbotschaft zu hören. Aus seinen Worten war zu spüren, dass er sich in die Freuden und Hoffnungen, in die Traurigkeiten und Ängste, in die Sorgen und Nöte der Menschen einfühlte und die Menschen verstand. Er sprach nicht nur zu der Menge, sondern ging immer wieder auf Gruppen oder auf Einzelne zu, um auf ihre persönlichen Fragen und Herzensanliegen einzugehen. Wie er uns später manchmal erzählte, kam er nicht im Auftrag einer Religionsbehörde gleichsam als Beamter, sondern er erfuhr seine Berufung, das Wort Gottes zu den Menschen zu bringen, direkt von Gott in seinem Herzen. Jesus ging den Menschen nach in ihren Alltag. Er hatte weder einen Stützpunkt noch ein Büro, wo er Sprechstunden für die Menschen abhielt.

An diesem Morgen kam Jesus auf uns zu, begrüßte uns herzlich, fragte nach unseren Namen und erkundigte sich, wie es uns geht, und warum wir traurige Gesichter machten. Wir berichteten ihm von unserer Erfolglosigkeit beim Fischen vergangene Nacht. Einfühlsam und verständnisvoll hörte er uns zu. Als wir uns unsere Enttäuschung von der Seele geredet hatten, sagte er uns: 'Simon, fahrt jetzt nocheinmal hinaus auf den See und werft eure Netze aus!' Wir erfahrene Fischer mussten laut lachen; denn am helllichten Tag ist es völlig sinnlos zu fischen. Nocheinmal sagte Jesus: 'Simon, werft eure Netze jetzt aus! Vertraue mir, ihr werdet einen reichen Fischfang machen.' Mehr zweifelnd als vertrauend antwortete ich: 'Ok, Jesus, wenn du es sagst.' Wir banden unsere Boote los, fuhren ein Stück vom Ufer weg und warfen unsere Netze aus. Und siehe, wir kamen aus dem Staunen nicht heraus; denn wir hatten im Nu eine riesige Menge Fische gefangen, dass unsere Netze zu bersten drohten.' Als ich zu Jesus zurückkam, sagte ich zu ihm: 'Jesus, es tut mir so leid, mein Gottvertrauen ist klein.' Im Laufe unseres Gespäches sagte Jesus zu mir: 'Simon, geh mit mir, werde mein Schüler, ich habe Großes mit dir vor, tritt als Gottesverkünder in meine Fußstapfen.'

In der Folge traf ich eine schwerwiegende Entscheidung: ICH GING MIT JESUS und wurde sein Schüler. Gemeinsam mit anderen, die Jesus in seine Nachfolge rief, wanderten wir - Männer und Frauen - von Dorf zu Dorf, von Stadt zu Stadt und kamen immer wieder einmal zurück an den See. Die Kunde von Jesus verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Überall kamen viele Menschen zusammen, wo er sprach und Menschen mit seiner Nähe, mit seiner Güte und Menschlichkeit von ihren Krankheiten und Leiden heilte. Wir waren dabei und mit großer Begeisterung lernten wir von ihm.

Als wir einmal in die Gegend von Cäsarea Philippi kamen, stellte uns Jesus eine sehr persönliche Frage: 'Wer bin ich für euch? Für wen haltet ihr mich?' Sozusagen als Sprecher unseres SchülerInnen-Kreises erwiderte ich: 'Du bist Christus (= der Messias), der Sohn Gottes.' Bald bin ich draufgekommen, dass Jesu Messiasverständnis und meines noch meilenweit auseinanderlagen. Auf meine Antwort sagte Jesus: 'Simon, nicht Macht, Reichtum, Ruhm, Titel und Ämter verleihe ich dir, sondern Gottes Güte, Menschenfreundlichkeit, Barmherzigkeit, Vergebung, Empathie, Sanftmut, Gewaltfreiheit und Schalom. Gib sie weiter an die Menschen und an meine Geschöpfe! Sie sind der Felsen, auf dem dein Wirken Bestand hat, und sie sind die Schlüssel, die die Tür zum Reich Gottes öffnen.'

Später einmal sagte mir Jesus: 'Simon Petrus, stärke mit deiner Güte und Menschlichkeit und mit deinem Gottvertrauen deine Schwestern und Brüder!'