Wohlüberlegt - richtig eingeschätzt - alles eingesetzt
Text: Matthäusevangelium 20, 17–19 - Einheitsübersetzung neu
Als Jesus nach Jerusalem hinaufzog, nahm er die zwölf Jünger beiseite und sagte unterwegs zu ihnen: Siehe, wir gehen nach Jerusalem hinauf; und der Menschensohn wird den Hohepriestern und Schriftgelehrten ausgeliefert; sie werden ihn zum Tod verurteilen und den Heiden ausliefern, damit er verspottet, gegeißelt und gekreuzigt wird; und am dritten Tag wird er auferweckt werden.
Gottes Wort ist Licht über unseren Pfaden
Jesus, das Mattäus-Evangelium überliefert uns an drei Stellen, dass du dein Leiden, dein Sterben am Kreuz und deine Auferstehung deinen Schülern angekündigt hast. Ab wann war dir klar, dass es soweit kommen wird?
Jesus:
Meiner Abstammung nach war ich Jude. In unserem Volk, das sich das auserwählte Gottesvolk genannt hat, bin ich groß geworden.
Von klein auf habe ich die jüdische Religion bis in alle Einzelheiten kennengelernt: Die Schriften des Alten Testamentes, das mosaische
Gesetz und die Botschaft der alten Propheten.
Die jüdische Religion war damals reine Gesetzesreligion. Dementsprechend mussten sich alle nach den 613 Geboten und Verboten und den
unzähligen Zusatzbestimmungen verhalten.
Schon bald sah ich, dass der größte Teil der Menschen der Einhaltung der Gebote gar nicht nachkommen konnte. Denn sie konnten weder
lesen noch schreiben noch eine Schule besuchen, in der sie die vorgeschriebenen Bestimmungen hätten lernen können.
So wurde es den Leuten gesagt: Wer nicht nach dem Gesetz des Moses lebt, ist ein Sünder, wird von Gott verurteilt, bestraft und
verstoßen. Und er ist außerdem vom Volk Gottes und dem religiösen Leben ausgeschlossen.
Tief berührt hat mich das Los der zu Sündern, Unreinen und Verfluchten Gestempelten.
Lange vor meinem öffentlichen Wirken schon gewann ich die Überzeugung, dass Gott ein ewig Liebender, unendlich Gütiger,
unbegrenzt Barmherziger und voraussetzungslos Vergebender ist. Ein Gott, der sich allen - auch den von Menschen sogenannten Sündern und
Unreinen - in gleichem Maß schenkt. Von dieser Zeit an fand ich herzliche Zuneigung zu den geächteten Randgruppen unseres Volkes
und ebenso zu Ausländern, die von den Autoritäten der jüdischen Religion auch als von Gott Gemiedene und von den
Angehörigen unseres Volkes als zu Meidende betrachtet wurden.
Als ich meine Gottesverkündigung vor aller Öffentlichkeit begann, war mir von Anfang an klar, dass ich bald mit Gegenwind von Seiten
der religiösen Führer rechnen musste. Und der hat nicht lange auf sich warten lassen. Als Gesetzesbrecher und Gotteslästerer
wurde ich angefeindet bis hin zur Todfeindschaft.
Jesus, den Gegenwind, der immer heftiger geworden ist, hast du offensichtlich in Kauf genommen.
Jesus:
Schon in den Jahren meines jungen Erwachsenenalters habe ich immer tiefer den Auftrag Gottes in meinem Herzen gespürt, IHN mit
Wort und Tat so zu verkünden, wie ich dann umgesetzt habe. Von dieser Mission habe ich mich keinen Millimeter wegbewegt und kein
Quentchen bin ich davon abgerückt. Unter Einschluss aller Konsequenzen, aller Anfeindung, Gegnerschaft, Verfolgung und schließlich
meiner Hinrichtung habe ich meine Sendung vollbracht.
Darum habe ich so heftig reagiert, als mich Petrus von meinem Weg mit gutgemeinten Worten als Freund abbringen wollte.
Nicht als Träumer und Phantast habe ich meine Gottesverkündigung verwirklicht, sondern wissend und ganz bewusst
habe ich das tödliche Risiko auf mich genommen. Das Gleichnis vom Turmbauer und vom Kriegführen galt selbstverständlich auch
für mich selbst. (Lukas 14, 26-33)
Wohlüberlegt habe ich meine Gottesverkündigung vor aller Augen gestartet, richtig habe ich alle damit verbundenen Gefahren
eingeschätzt und mein Leben bis zur äußersten Lebenshingabe habe ich dafür eingesetzt.
Jesus, sind in dir nie Zweifel aufgekommen? Die Frage: Warum tue ich mir das an? Vielleicht will Gott das gar nicht von mir?
Jesus:
Ja doch, Bedenken, Ungewissheit und innerer Widerstreit sind mitunter aufgetaucht. Jedesmal aber fand ich bald zum Urvertrauen auf meinen Abba zurück, dass er mich nie allein gehen lässt, dass er mich hält und trägt, und ich nie aus seinen Händen falle, auch nicht in den schwersten Stunden meines Lebens, auch nicht in der Sterbestunde und in Ewigkeit nicht.
Jesus, manche glauben, du hättest dich auf das Martyrium gefreut.
Jesus:
Meine Antwort ist ein eindeutiges NEIN. Wenn es so gewesen wäre, hätte ich am Ölberg vor der nahenden Gefangennahnme keine Todesangst gehabt und ich hätte in meiner Angst nicht gebetet, mein Abba möge das Leiden an mir vorübergehen lassen.
Jesus, eine Frage beschäftigt uns noch. Andere sagen, Gott hätte das Leiden und Sterben eines Gerechten als Sühne für die sündige Welt verlangt.
Jesus:
Mein Abba ist der ewig Liebende und voraussetzungslos Vergebende. Der alte Prophet Hosea gibt das Wort Gottes richtig wieder:
"Barmherzigkeit will ich, nicht Opfer." Mein Abba braucht, verlangt und will keine Opfer, weder Menschen- noch Tier- noch sonst irgendwelche
Opfer, dass sein Zorn auf die Sünde der Welt besänftigt wird. Zorn ist nicht in Gottes Herz, sondern reine Liebe, nichts als
Liebe.
Mein Leiden und Sterben am Kreuz sind Folge meiner Gottesverkündigung.